Heimkino in der Zeit der Volksrepublik Polen

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Ich soll damit anfangen, womit es sich wohl für einen alten Knacker anzufangen gebührt: "Zu meiner Zeit, da hatten wir tolle Gute-Nacht-Sendungen...". Aber wer von den heutigen Liebhabern von Minimax, Cartoon Network, Fox Kids würde diesen Worten Glauben schenken? Dennoch wage ich einige Worte zu diesem Thema.

Zu der Zeit meiner Kindheit gab es keine Videorecorder bzw. DVD-Player. Die wichtigste Unterhaltung bot uns das Fernsehen mit seinen Gute-Nacht-Sendungen. Es ist schwer daran zu glauben, aber es stand uns damals nur ein schwarz-weißer Sender zur Verfügung. Erst später kam das Zweite Polnische Fernsehen (TVP 2) hinzu, wobei es sowieso Probleme bei dessen Empfang durch ältere Fernsehapparate gab. Auf die Gute-Nacht-Sendung wartete man ungeduldig den ganzen Tag lang und wenn es ab und zu so geschah, dass man im Eifer des Spielens die Sendezeit verpasste, so empfand man es tatsächlich wie eine große Tragödie. Die Kinder wurden nicht besonders verwöhnt und es passierte manchmal, dass die Sendezeit der Gute-Nacht-Geschichte wegen Sport- bzw. der zu jener Zeit ach-so-wichtigen politischen Veranstaltungen beliebig verschoben wurde bzw. völlig ausfiel. Das werde ich unserem Fernsehen nie vergessen, nie! Neben den Gute-Nacht-Sendungen wurde ein hervorragendes Naturprogramm "Zwierzyniec" montags in den Nachmittagsstunden ausgestrahlt, während dessen man sich einen kurzen Zeichentrickfilm "Huckelberry" ansehen konnte, der in den USA produziert wurde. Donnerstags hatten wir "Bratek", freitags "Freitag mit Pankracy" und sonntags "Teleranek".

Eine weitere Gelegenheit, sich Zeichentrickfilme anzusehen, boten die Schulvorführungen. Die Fenster im Schulkorridor wurden verhängt, aus der Sporthalle brachte man Bänke her, es wurden ein großer Bildschirm und ein Filmprojektor aufgestellt. Dann sahen wir uns, je einige Klassen, Trickfilmsets an. Das war immer ein großes Ereignis im Schulleben, aber vor allem eine starkes Erlebnis für uns, Schüler.

Einer großen Beliebtheit erfreuten sich auch die Morgenvorführungen am Sonntag im Kino, wo Trickfilmsets für die Jüngsten gezeigt wurden.

Eine weitere Möglichkeit bot das "Heimkino", d.h. Vorführungen von Dias in Rollen oder aber - in späterer Zeit - in Rahmen. Die Grundausrüstung für solche Vorführungen bildeten die Projektoren "Bajka", d.h. die populären "Buckligen" (poln. Garbusy) aus Bakelit (Ebonit). Die starken Glühbirnen, die in den Projektoren verwendet wurden, verbrannten sehr oft die Filme oder aber die Projektoren selbst fangen durch sie Feuer. In späterer Zeit waren Projektoren "Ania" sowie die in der Sowjetunion hergestellten Apparate in Form eines Fernsehers erhältlich, bei denen das Bild auf einen "Bildschirm" projiziert wurde. Es gab auch tschechische und deutsche Projektoren. Die Vorbereitungen für die Vorführung wurden immer durch eine Art Ritual begleitet, das in der Aufstellung des Bildschirms (d.i. gewöhnlich eines Bettlakens, Bristolbogens bzw. einer Wand) und der Verdunklung des Raumes mit Decken bestand, was die Stimmung eines Kinosaales fast aufkommen ließ. Das Repertoire der Filme reichte von klassischen Märchen und Gute-Nacht-Geschichten über Abenteuergeschichten wie z.B. Verfilmungen der Romane von Julius Verne bis zur Adaptationen von beliebten Fernsehserien wie "Vier Panzersoldaten und ein Hund" oder "Zorro" hin.

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